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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.02.2001
Aktenzeichen: 20 U 125/00
Rechtsgebiete: VVG
Vorschriften:
VVG § 12 III |
1)
Wird eingeräumt, daß eine 6-Monats-Frist am 27.9. abläuft, wird damit auch der Zugang am 27.3. zugestanden (soweit nicht § 193 BGB in Frage steht).
2)
Bei Klageeinreichung per Telefax muß zwingend die Unterschrift des Anwalts auf den bei Gericht eingehenden Schriftstücken wiedergegeben sein.
3)
Ein Anwalt muß Vorkehrungen für eine Faxausgangskontrolle vorsehen.
4)
Im Rahmen des § 12 III VVG muß sich der VN das Verschulden seines Anwalts zurechnen lassen.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
20 U 125/00 OLG Hamm 2 O 289/99 LG Hagen
Verkündet am 23. Februar 2001
Lammers, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
In dem Rechtsstreit
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knappmann, die Richterin am Oberlandesgericht Brumberg und den Richter am Oberlandesgericht Meißner
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 17. Mai 2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 2 ZPO)
I.
Der Kläger hat bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen, nach deren Bedingungen ihm ab 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld von 150,00 DM pro Tag zusteht. In der Zeit von Juli/August 1998 bis Ende Februar 1999 war er arbeitsunfähig krankgeschrieben und bezog von der Beklagten Krankentagegeld. Nachdem der von der Beklagten eingeschaltete Dr. S in einem Bericht vom 15.03.1999 eine über den 24.02.1999 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit verneint hatte, stellte die Beklagte die Zahlungen von Krankentagegeld mit dem 24.02.1999 ein und erklärte dem Beklagten mit Schreiben vom 01.03.1999, der Anspruch auf Krankentagegeld ende "spätestens mit dem 24.02.1999". Der Kläger verlangte jedoch weiterhin wegen angeblich fortbestehender Arbeitsunfähigkeit Krankentagegeld. Nach einer erneuten Einschaltung des Dr. S teilte ihm die Beklagte sodann mit Schreiben vom 26. März 1999 unter Beifügung einer Belehrung entsprechend § 12 Abs. 3 VVG mit, es müsse "bei der Arbeitsfähigkeit ab 25. Februar 1999 bleiben" (Bl. 25 d.A.). Wegen des weiteren Schriftwechsels und des Inhalts des von der Beklagten eingeholten Gutachtens des Dr. A wird auf die Anlage II zur Akte verwiesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei auch nach dem 24.02.1999 weiterhin arbeitsunfähig gewesen, und mit der Klage für 130 Kalendertage, die in den Zeitraum 02.03. bis 27.09.1999 fällen, ein Krankentagegeld in Höhe von insgesamt 19.500,00 DM verlangt. Die Klageschrift ist am 29.09.1999 beim Landgericht Hagen eingegangen. Sie ist vorab per Telefax übersandt worden, jedoch endet das Telefax auf Seite 4 vor der letzten Zeile der Klageschrift und enthält nicht die Unterschrift des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers oder eines anderen Rechtsanwalts.
Die Beklagte hat sich in der Klageerwiderung auf Versäumung der am 27. September 1999 ablaufenden Frist nach § 12 Abs. 3 VVG und auf Leistungsfreiheit bei Versäumung dieser Frist berufen. Sie hat behauptet, ihr Schreiben vom 26.03.1999 sei dem Kläger am 27.03.1999 zugegangen. Im übrigen hat sie auch die Arbeitsunfähigkeit des Klägers für die Zeit nach dem 24.02.1999 bestritten.
Der Kläger hat gemeint, die Frist des § 12 Abs. 3 VVG sei mit Einreichung der Klageschrift per Telefax am 27.03.1999 gewährt worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und gemeint, die Beklagte sei leistungsfrei, weil die Klage erst nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 VVG. eingegangen sei.
II.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Beklagte ist gemäß § 12 Abs. 3 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit.
Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 26.03.1999 (Bl. 25 d.A.) die zuvor erhobenen Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Krankentagegeld über den 24.02.1999 hinaus endgültig abgelehnt, indem sie ihm mitgeteilt hat, sie habe den Sachverhalt erneut geprüft, aber es müsse bei der Arbeitsfähigkeit ab 25.02.1999 bleiben. Sie hatte bereits zuvor mit Schreiben vom 01.03.1999 erklärt, der Anspruch auf Krankentagegeld ende spätestens mit dem 24.02.1999. Das Schreiben der Beklagten vom 26.03.1999 enthält eine den Anforderungen der Rechtsprechung genügende Belehrung über die nach § 12 Abs. 3 VVG zu wahrende Ausschlußfrist von 6 Monaten zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche. Diese Frist hat der Kläger vorliegend nicht eingehalten, denn sie begann am 27.03.1999 und endete am 27.09.1999. Die Klageschrift ist jedoch erst am 29.09.1999 beim Landgericht Hagen eingegangen.
Der Lauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG beginnt mit Zugang des Ablehnungsschreibens des Versicherers. Es ist davon auszugehen, daß das Schreiben der Beklagten vom 26.03.1999 dem Kläger am Samstag, dem 27.03.1999 zugegangen ist, wie die Beklagte bereits in erster Instanz ausdrücklich mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1999 (Bl. 39 d.A.) behauptet hat.
Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsbegründung den Zugang dieses Schreibens am 27.03.1999 bestreitet, ist sein Bestreiten gemäß § 532 ZPO unerheblich; denn er hat den Tatsachenvortrag der Beklagten in erster Instanz, das Schreiben sei ihm am 27.03.1999 zugegangen, im Sinne von § 288 ZPO zugestanden. Zwar hat der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nicht ausdrücklich zum Zugang des Ablehnungsschreibens erklärt. Auch schriftsätzliches Vorbringen einer Partei kann aber ein Geständnis beinhalten, wenn die Partei in der anschließenden mündlichen Verhandlung stillschweigend auf ihre vorbereitenden Schriftsätze und damit auf ein darin enthaltenes Geständnis Bezug nimmt, so daß es in dieser Verhandlung Wirksamkeit erlangt (vgl. dazu BGH VersR 1999, 838; Zöller/Greger, ZPO § 288 Rdn. 5).
Nachdem sich die Beklagte in der Klageerwiderung ausdrücklich darauf berufen hätte, die Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 VVG sei nicht gewahrt, weil die Klage erst am 29.09.1999 beim Landgericht Hagen eingegangen sei, und dazu behauptet hatte, ihr Ablehnungsschreiben vom 26.03.1999 sei dem Kläger am darauffolgenden Tag, dem 27.03.1999 zugegangen, hat der Kläger in dem darauffolgenden Schriftsatz vom 11. Januar 2000 die Auffassung vertreten, die Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 VVG sei gewahrt, denn die Klage sei per Fax am 27.09.1999 erhoben worden. Dazu hat er ausdrücklich erklärt: "Die Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 VVG endete erst am 27.03.1999" (Bl. 44 d.A.). Mit dieser schriftsätzlichen Erklärung hat der Kläger aber nicht nur das Ende der Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 VVG für den 27.03.1999 eingeräumt, sondern zugleich den Zugang des Ablehnungsschreibens für den Tag 27.03.1999 zugestanden, denn das Ende der Ausschlußfrist am 27.09.1999 setzt zwingend den Beginn dieser Frist mit Zugang es Ablehnungsschreibens am 27.03.1999 voraus. Der Tag des Ablaufs einer Frist ist zwingende Folge des Zugangs der ablehnenden Erklärung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Indem der Kläger den Ablauf der Frist für den 27.09.1999 in Übereinstimmung mit der Beklagten angegeben hat, hat er auch den von der Beklagten behaupteten Zugang des den Fristenlauf auslösenden Schreibens am 27.03.1999 zugestanden.
Da die Klageschrift erst am 29.09.1999 - zwei Tage nach Ablauf der Frist - beim Landgericht Hagen eingegangen ist, ist die Frist des § 12 Abs. 3 VVG versäumt. Mit dem am 27.09.1999 eingegangenen Telefax ist diese Frist nicht gewahrt worden, da die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten des Klägers fehlt. Es ist zwar zulässig, Klageschriften und bestimmende Schriftsätze mittels Telefax einzureichen. Die Kopiervorlage muß aber von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterschrieben worden sein, und die Unterschrift muß auf der bei Gericht eingehenden Kopie wiedergegeben werden (vgl. dazu BGH VersR 1999, 465; VersR 1998, 1261 m.w.N.). Letzteres ist hier unstreitig nicht der Fall. Die fehlende Wiedergabe der Unterschrift des Rechtsanwalts beruht auch nicht auf einer technischen Störung des Empfangsgeräts beim Landgericht Hagen, wie in dem angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf die dort in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen im einzelnen ausgeführt ist. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Es ist vorliegend auch nicht treuwidrig, daß sich die Beklagte auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG beruft; denn der Kläger hat diese Frist nicht ohne sein Verschulden versäumt. Er muß sich nämlich das Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten zurechnen lassen (vgl. dazu Römer/Langheid, VVG, § 12 Rdn. 88). Dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers ist hier aber vorzuwerfen, daß er keine Vorkehrungen für eine Fax-Ausgangskontrolle in seinem Büro getroffen hat, durch die in einem Anwaltsbüro sichergestellt werden muß, daß per Telefax übermittelte bestimmende Schriftsätze vollständig und mit Unterzeichnung des Prozeßbevollmächtigten versehen übersandt werden (vgl. dazu BGH VersR 1999, 996 und BGH VersR 1996, 1523). Hier wäre bei einer entsprechenden Ausgangskontrolle aufgefallen, daß ein Übersendungsfehler vorgekommen ist, denn es sind hier nur 22 Seiten per Fax abgesandt worden, während Klageschrift und Anlagen 23 Seiten umfassen. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Beklagte hat auch nicht konkludent auf den Fristenlauf des § 12 Abs. 3 VVG bzw. auf die daraus herzuleitende Rechtsposition verzichtet. Sie hat zwar mit dem Kläger auch nach Absendung des Schreibens vom 26.03.1999 korrespondiert und ein Gutachten des Dr. A über die angeblich fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers eingeholt. Den in ihrem Ablehnungsschreiben vom 2643.1999 eingenommenen Standpunkt hat sie aber zu keinem Zeitpunkt aufgegeben, wie der Schriftwechsel in der Anlage II B 8 und 11 deutlich macht.
Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer des Klägers beträgt 19.500,00 DM.
Ende der Entscheidung
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